Umweltverschmutzung akustisch

Erstveröffentlichung: 05.10.2020

Ja, auch das gibt es. Und leider viel zu häufig. Da ich glücklicherweise ein sparsames Auto besitze und auch noch wenig fahre, muss ich nur alle Schaltjahr mal tanken. Aber letzten Samstag war es wieder so weit. Da bin ich also in Marsdorf beim Globus an die Zapfsäule gefahren und wollte am Selbstbedienungsterminal mit Kreditkarte tanken. Und, o Freude, ein neues Gerät. Ich, meines Zeichens ein Freund moderner Technik, hatte also Extraspaß beim Tanken. Das neue Dingens hat nicht nur funktioniert, es hat auch mit freundlicher, weiblicher Stimme zu mir gesprochen (bloß, statt zu sagen, was man tun soll, sagt sie nur: „Bitte beachten Sie das Display“. Was für ein Schwachsinn). Naja, so weit so gut. Doch dann packte mich das Entsetzen, sofort nachdem die freundliche und hilfsbereite Dame verstummt war, fängt das Dingen doch an, Musik zu dudeln. Beim Tanken! Das war dann irgendwie der Tiefpunkt dieser Dauer-Bedudelungstaktik. Schnulzenmusik an der Zapfsäule, dann bitte lieber den Sprit zwei Cent teurer. Wer kommt denn auf so was?


Ähnlich überflüssig bis unangenehm empfinde ich die Meditationsakustiksülze in den Autobahntoiletten. Aua! Wenn schon Musik, dann bitte an diesen Orten so laut, dass sie die Verdauungsgeräusche des Nachbarn übertönt.


An Warteschleifenmusik aus dem Telefon hat man sich ja inzwischen gewöhnt. Erfreulich ist da zu vermerken, dass inzwischen auch „echte“ Musik und nicht immer nur Midi-Sounds aus dem Hörer kommen. Man fragt sich nur, was Vivaldi der Telekommunikationsbranche angetan hat, dass dessen Vier Jahreszeiten so beliebt sind (vermutlich, weil keine GEMA mehr fällig wird?).


Ganz entsetzlich ist die Warteschleifenmusik bei Vodafone, die brüllt so laut, dass es verzerrt. Ein entsetzlicher Sound und das schon seit Jahren, Gehörschäden vorprogrammiert.


Abgerundet wird das Bild durch die freundlichen Autofahrer, die mit ihrer Musik die ganze Stadt beschallen. Ein Wunder, dass so ein Polo bei den Vibrationen überhaupt noch fährt und nicht hüpft.

Manchmal ist weniger einfach mehr. Und die Sprudelwerbung, bei der eine Phrase aus dem Flöte-Harfe-Konzert von Mozart in Endlosschleife im Hintergrund lief, die konnte einen auch wahnsinnig machen.


Ich freu mich schon auf den November, dann läuft in jedem Kaufhaus im Rheinland in der Ecke, wo die billigen Kostüme verschachert werden, wieder Karnevalsmugge….. uff.

Kommentar der Autorin aus 2024: Wie die Zeit vergeht, das sparsame Auto wurde mittlerweile vermutlich von Putin in Odessa zerbombt, ich bin jetzt elektrisch unterwegs und tanke musikfrei in der eigenen Garage. Ansonsten hat sich an der fehlenden akustischen Selbstbestimmung leider wenig geändert.


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