Vom Sacken lassen

Erstveröffentlichung: 30.09.2010

Nach der erneuten Beschwerde meiner (un)freundlichen Nachbarin, von der ich hier ja schon berichtet hatte ist mein Übe-mut mal wieder ganz tief gesunken. Dazu ein großes Arbeitspensum, morgens früher raus, abends später heimkommen und dann denken „19 Uhr? Lieber nicht, da wird wieder gemeckert“. Solch einen Zustand habe ich die vergangene Woche gepflegt und mir damit eine regelrechte „Flötsehnsucht“ angezüchtet. Heute also kam ich nach Hause, wieder so 19 Uhr und dachte, mal sehen, ob es noch klappt. Und da schlug es wieder zu, das wundersame Phänomen „Sacken lassen“.

Derzeit übe ich an Image von Bozza. Schon eine Weile und es ist auch schon das zweite Mal, dass ich das im Unterricht auf dem Pult habe. Vor zwei oder drei Wochen dann die erste Stunde mit dem Stück und wie meist eine lange Liste von Unzulänglichkeiten und unüberlegtem Käse, wie ich ihn gern mal produziere (und wenn man darauf hingewiesen wird, fällt es einem wie Schuppen von den Augen). Ich also mit meiner Hausaufgabenliste nach Hause und bis zu meiner Übekrise (s.o.) eifrig auf den Problemstellen rumgekaut, wie Waldi auf seinem wöchentlichen Knochen. Der Erfolg war eher mässig, wie das häufig mit so kniffeligen Stellen ist.

Heute also habe ich endlich den inneren Schweinehund und die Vision meiner Lieblingsnachbarin kaltgestellt und mal probiert, ob noch was rauskommt aus dem guten Stück. Und, o Wunder, viel besser als erwartet, oder besser befürchtet. Wie das so ist…. ohne Erwartung beginnen (oder gar mit negativen Erwartungen) und einfach spielen und dann noch die Zeit, in der sich unverdautes in die Neuronen des Hirns hineinarbeiten konnte…. und voila….. nicht, dass ich das jetzt alles könnte. Aber immerhin hat es schon ein bisschen nach Musik geklungen.

Also: Sacken lassen! Das ist nicht nur ein Spruch, das ist Millionen mal erprobt und funktioniert tatsächlich.

Nur zwanzig Minuten geübt, Stimmung kräftig angehoben, schlechtes Gewissen gemildert, keine Beschwerden…… jetzt kann der Abend weitergehen und zwar mit Heimarbeit.

Anmerkung der Autorin aus 2024: Die Nachbarin ist wie die Wohnung mittlerweile Geschichte. Seit Jahren hause ich in einem Neubau ganz oben und hatte keinerlei Beschwerden mehr zum Musizieren, selbst wenn mein ganzes Bläserquintett hier probt. Es lebe der moderne Schallschutz und die ausgesprochen netten Nachbarn hier im Haus!


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