Gioachino Rossini – eine Buchbesprechung

Das heute besprochene Buch hält, was es im Titel verspricht: heute geht es um eine ganz klassische Biographie. Verfasst von Wilhelm Keitel und Dominik Neuer und erschienen 1992 im Verlag Albrecht Knaus wird die angenehm lesbare Biographie ergänzt durch einen Quellennachweis, eine Zeittafel, ein Werkverzeichnis (gleichzeitig Opernführer in Sachen Rossini), ein Verzeichnis mit Kurzinformationen zu allen im Buch vorkommenden Komponisten (hauptsächlich stilistische Einordnung ihres Werkes) und ein Stichwortverzeichnis. Wissenschaftlich fundiert also und ordentlich ausgearbeitet.

Alles in allem umfasst das fest gebundene Buch im DIN A 5 Format so ca. 320 Seiten, wovon die eigentliche Biographie ca. 230 Seiten ausmacht. Die Gliederung unterscheidet folgende Lebensabschnitte:

  • Anfänge und Aufbruch: Pesaro, Bologna 1792-1805
  • Ausbildung und Ausbruch: Bologna 1805-1810
  • Erste Erfolge: Venedig 1810-1815
  • Verpflichtungen: Neapel 1815-1822
  • Zwischen den Stühlen: Rom, Mailand 1817
  • Begegnungen: Wien 1822
  • Ausflüge: Paris – London 1823
  • Impulse, Intrigen, Irritationen: Paris 1824
  • Die Romantik, Rossini und die Deutschen: Paris 1825-1831
  • Mitten im Leben vom Tod umfangen: Bologna, Florenz – Bologna, Florenz 1855-1868

Einige dieser Abschnitte werden nochmals in verschiedene thematische Unterkapitel eingeteilt.

Die Biographie beleuchtet das, was ich je länger ich mich mit Biographien und Hintergründen befasse, immer wichtiger finde: den Einfluss der Politik und gesellschaftlichen Lage auf den Komponisten und sein Werk. Bei der Lektüre von Biographien stelle ich immer wieder fest, dass alleine die ungefähre Kenntnis der Lebensdaten eines Komponisten in meinem Kopf in den seltensten Fällen zu einer Verknüpfung mit Zeitgenossen führt (Ausnahme Bach und Händel). Sehr häufig stelle ich dann in Biographien verwundert fest, mit wem einer so alles Verkehr pflegte (ob nun alleine in Korrespondenz, indirekt durch Presse und Kritiker oder auch real). Teilweise prallen da für mich Welten aufeinander, Musik und Menschen, die ich so überhaupt nicht (zeitlich) miteinander verknüpft hatte. Hier im Buch vielleicht am offensichtlichsten: Rossini und Wagner.

Es bewahrheitet sich, was ich bei meinem kürzlich beschriebenen Workshop bei Camilla Hoitenga auch von ihr gehört habe: die Lebensdaten alleine reichen zur Einordnung nicht. Die Tradition in der ein Komponist schreibt, seine Ideen, Ideale und Vorstellungen sind wesentlich um einem Werk gerecht zu werden.

Rossini lebte in einer Zeit rasanter Entwicklung: politisch, gesellschaftlich und auch musikalisch. Für den Flötisten wird das bei Betrachtung obiger Jahreszahlen ganz klar: in seine Lebensphase fällt auch die Geburtsstunde der Böhmflöte, der schleichende Wechsel von Travers- auf Querflöte. Gleiches gilt aber auch für die Entwicklung der Oper, dem Haupttätigkeitsfeld Rossinis. Italienischer Belcanto und romantische deutsche Oper wie Freischütz und später gar Wagner.

Wesentlich ist hier auch die Entwicklung der Strukturen. Opernhäuser, früher an Würdenträger und Adelige geknüpft, werden nun zu Wirtschaftsbetrieben, mit allen Vor- und Nachteilen, die so eine Veränderung mit sich bringt. Interessant in diesem Zusammenhang auch, dass vor Rossini einem Komponisten praktisch keine Rechte an seinem Werk blieben. Rossini hat hier quasi als erster bessere Konditionen für sich verhandelt und auch Partituren und Rechte zurückgefordert. Er arbeitet auch in einer Zeit, in der allmählich Musikverlage für das Auskommen eines Komponisten wesentlich werden.

Rossini hat extrem schnell gearbeitet und war ein totaler Popstar seiner Zeit. Gleichzeitig war er ein kränkelnder und unglücklicher Mensch im Alter. Seine letzte Oper Wilhelm Tell wurde bereits 1829 uraufgeführt, da war der Komponist gerade 37 Jahre alt! Danach entstand noch geistliche Musik und Instrumentalmusik (ich empfehle die Gesamtaufnahme seiner Alterssünden durch Stefan Irmer).

Ein spannender Lebenslauf also. Was gibt Rossinis Werk für Flötisten her? Zum einen sind da seine wunderbaren Opernmelodien, die es in Bearbeitungen für zwei und mehr Flöten oder auch für Bläserquintett gibt. Außerdem geistern seine frühen Quartette zum einen als Bläserquartett (Quintett ohne Oboe) und zum anderen für Flöte mit Streichtrio durch die Welt. Bekannt natürlich auch Chopins Variationen über ein Thema von Rossini. Für Flöte mit Klavier oder Harfe gibt es zudem ein Andante und Allegro verlegt. Rossinis musikalischen Humor kann man im Katzenduett in einer Bearbeitung für Flöte, Klarinette und Klavier persönlich kennen lernen.

Unabhängig von dieser eher spärlichen Flötenliteratur ist mir allerdings einfach seine Musik sympathisch. Der Barbier von Sevilla war eine meiner schönsten Opernerfahrungen und die Leichtigkeit seiner Musik hat mir schon manche Stunde versüßt.

Zurück zum Buch kann ich nur sagen, dass ich die Lektüre genossen habe, die so kurzweilig war, dass ich das Werk in kürzester Zeit verschlungen hatte (was nicht für jede Biographie gilt). Daher für alle interessierten hier nochmal die bibliographischen Informationen in Zusammenfassung:

Wilhelm Keitel – Dominik Neuner

Gioachino Rossini

1. Auflage 1992, Albrecht Knaus Verlag GmbH, München

ISBN 3-8135-0364-X

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.